4. Chemo – Tag 10 – Krise: ↓

Die Hoffnung auf bessere Wochen haben sich sehr schnell zerschlagen. Die letzten 9 Tage nach der 4. Chemo waren die bisher schlimmsten. Erst heute stellt sich eine leichte Besserung ein. Schlimm waren vor allem die Magenbeschwerden und die ständige Übelkeit. Zwar habe ich zusätzliche Medikamente gegen den Brechreiz erhalten, aber die Übelkeit und die Magenschmerzen blieben.

Zusätzlich hatte ich nach der Blutentnahme von vorgestern Dienstag beim Hausarzt eine mentale Krise. Die Leukozyten (weisse Blutkörperchen) fielen auf ein Allzeittief von 0,78 (normal wäre 6-7), d.h. mein Immunsystem liegt völlig am Boden. Die kleinste Infektion kann dazu führen, dass ich wieder ins Spital muss. Heute nachmittag habe ich deswegen einen weiteren Termin beim Onkologen zur Blutentnahme. Sollte der Wert sich nicht erholt haben, müsste ich weitere Medikamente spritzen.

Aufrichten kann ich mich glücklicherweise in der Familie. Es ist so ein Glück und einfach unglaublich, was ein Lächeln eines Kindes bewirken kann oder die Nähe und Gespräche mit meiner Frau. Sie sind es, welche meine Zuversicht wieder zurückholen und mir helfen, Tag für Tag zu nehmen und das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

4. Chemo – Tag 1 – Hälfte geschafft! ↓

Die letzten Tage waren nicht wirklich gut. Gut waren höchstens Stunden an einigen Tagen, danach trieb mich wieder eine Welle ins Bett. Ich hoffe sehr, dass es an der laut Onkologen wohl zu hohen Dosis lag und die nächsten Wochen wieder besser werden.

Heute früh um 8 Uhr war ich wie alle drei Wochen an meiner persönlichen Tankstelle und lies mich mit Chemie volltanken. Bis um 12 Uhr 30 folgte eine Infusion der nächsten. Zum guten Glück ermüdete mich das erste Medikament wieder sehr stark, so dass ich etwas 2 Stunden schlafen konnte. Die restliche Zeit war ich in einer Art Dämmerzustand.

Wie erwartet konnte das Blut wiederum nicht vom Port-a-Cath entnommen werden, es musste also ein zweiter Zugang für die Blutentnahme gelegt werden, welcher zum Glück beim zweiten Versuch auch gelang.

Wieder zuhause verbrachte ich fast die ganze Zeit bis eben im Bett, erschöpft, müde und einfach unendlich schlaff. Trotzdem habe ich mich jetzt schnell aufgerafft, um wendigstens einige Mails zu beantworten und diesen Block zu schreiben. Immerhin sollte mit der heutigen Chemo die Hälfte geschafft sein. Vielleicht, aber nur vielleicht kommts aber noch besser. In zwei Wochen wird ein neues CT (Computer-Tomograph) stattfinden, welcher uns zeigen soll, wieviel vom Tumor noch übrig ist. Bei einem sehr guten Bescheid besteht die Hoffnung, dass nur noch 2 weitere Chemotherapien notwendig sein könnten. Die bisher gleichzeitig stattfindende Immuntherapie wird aber in jedem Fall mind. noch vier mal stattfinden, diese ist aber nicht mit den mühsamen und schmerzhaften Nebenwirkungen verbunden, dauert aber am längsten (jeweils ca. 2.5 Stunden).

3. Chemo – Tag 13 – wieder zu Hause: →

Endlich wieder zu Hause! Das Blutlabor von heute vormittag im Zieglerspital ergab, dass die Leukozyten von 1.4 (Freitag nacht) auf 2.3 gestiegen sind und keine weiteren Infektionen zu finden waren. Ich konnte also kurz vor mittag mit weiteren Medikamenten nach Hause. Neben täglich einzunehmenden Antibiotika-Tabletten muss meine Frau mir nun abends subkutan (im Oberschenkel unter die Haut) eine Spritze verabreichen, deren Medikament die neue Bildung von Leukozyten fördern soll. Morgen oder am Dienstag muss ich wieder zum Onkologen.

Grundsätzlich fühle ich mich wieder etwas besser aber immer noch sehr schlaff. Schmerzhaft ist vor allem der Rücken, wo genau im Kreuz ein Punkt am Knochenmark einen sehr stechenden Schmerz verursacht. Ich betäube ihn ein wenig mit Dafalgan und hoffe auf Besserung.

3. Chemo – Tag 12 – Notfall: ↓

Ich möchte mir die Haare raufen, wenn ich nur welche hätte 😉

Gestern Freitag abend spürte ich, wie plötzlich meine Körpertemperatur stieg. Nach der Rückkehr meiner Frau von einem Schülerkonzert in Thun um 23 Uhr zeigte das Thermometer 38.3° – die von meinem Onkologen definierte Grenze von 38° wurde also überschritten. Meine Frau rief den Notfall im Zieglerspital an, wo uns die Oberärztin aufforderte, sofort ins Spital zu kommen.

Das Problem liegt in meinem Immunsystem während der Chemotherapie. Die für die Bekämpfung von Viren und Bakterien wichtigen weissen Blutkörperchen (Leukozyten) haben einen Normalwert von ungefähr sieben. Bei meinem letzten Besuch beim Onkologen von vorgestern (einstündiges Durchspülen des Port-a-Cath mit Enzymen für die Entstopfung) war der Wert auf 1.6 gefallen. Eine Infektion ist deshalb im Moment für meinen Körper sehr gefährlich.

Mit meiner Frau erreichten wir den Notfall gehen halb zwölf Uhr nachts. Glücklicherweise war der grosse Ansturm bereits vorüber und ich wurde relativ rasch betreut. Nach den üblichen Tests (Abhören von Herz, Lunge, etc.) wurde mir Blut entnommen. Natürlich war dies beim Port-a-Cath immer noch nicht möglich (trotz des vortägigen Durchspülens) und der Pflegefachmann musste einen zusätzlichen Zugang am Arm legen. Eine Infusion wurde an den Port-a-Cath gehängt und kurz darauf floss ein starkes Antibiotika in meinen Körper. Gegen zwei Uhr nachts gabs noch ein Röntgen der Lunge, um dort eine Infektion auszuschliessen. Weitere 90 Minuten später war das Blutlabor endlich fertig und die Ärztin machte mir klar, dass ich im Spital bleiben müsse.

Immerhin liege ich jetzt in einem Einzelzimmer. Das Pflegepersonal und auch Besucher müssen vor dem Eintritt ins Zimmer die Hände desinfizieren und einen Mundschutz tragen, so dass weitere Infektionen ausgeschlossen werden können. Heute morgen noch meinte der diensthabende Arzt, dass ich wohl bis Montag früh im Spital bleiben müsse. Dank des Antibiotikas habe ich aber seit frühmorgens kein Fieber mehr und fühle mich auch sonst wieder viel besser. Inzwischen habe ich die Hoffnung, dass ich bereits morgen Sonntag mittag wieder nach Hause kann. Ein neuerliches Blutlabor morgen früh wird den Entscheid bringen. Ich will weg hier, habe die Nase von Spitalaufenthalten gestrichen voll.

3. Chemo – Tag 9 – Breaking Bad: ↓

Für diesen Blog-Beitrag brauche ich viel Überwindung weshalb ich ihn immer wieder vor mich hin geschoben habe. Wer gerne Positives liest, bitte hier stoppen und zu einem anderen Beitrag wechseln. Auch wenn ich noch immer Optimist bin und 100% überzeugt bin, dass ich im Sommer wieder gesund bin, der Weg dahin ist doch viel steiniger als erwartet.

Seit einer Woche habe ich fast ständig Schmerzen, vor allem aus dem Knochenmark im Rücken ausgehend durch den ganzen Körper. Ich bin völlig energielos und immer wieder erschöpft. Die Arbeit beschränkt sich im Moment auf 1-2 Telefone und vielleicht das eine oder andere Mail. Nach einer Viertelstunde ist die Batterie aber schon derart im roten Bereich, dass ich mich wieder hinlegen muss. Das Gift, das in Wellen immer wieder durch den Körper strömt macht mich fast wahnsinnig, dünnhäutig und oft sehr wütend. Am meisten darunter leiden muss leider meine Familie und es ist meist fast nicht auszuhalten. Vor allem die Belastung für meine Frau und zu spüren, wie viel unsere 6-jährige Tochter von der Krankheit mitbekommt – nagt zusätzlich an den geringen Reserven. Wie gerne würde ich öfters eine gute Miene zum (excüsé) beschissenen Spiel machen, aber es gelingt mir nicht. Jeder Tag scheint schlimmer als der vorige und wird begleitet von neuen oder noch heftigeren Nebenwirkungen. Obwohl erst der dritte von wohl acht Zyklen stattfindet, ich habe die Nase von der Therapie jetzt schon gestrichen voll.

Ja, ich wusste von Anfang an, dass es bessere und schlechtere Tage geben wird, aber ich möchte jetzt gerne mal wieder einen wirklich guten Tag erleben. Einen Tag, an welchem ich wieder mehr aufrecht als waagrecht bin, mit ertragbaren Schmerzen und mehr Energie als einem kurzen Nachtessen mit Freunden oder die volle Erschöpfung nach einem Gäste-Besuch bei uns.

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Der Titel für heute heisst „Breaking Bad“. Er ist nicht nur der momentanen Stimmung geschuldet, sondern auch einer Ablenkung, welche die letzten zwei Wochen die Tage zwischendurch etwas erträglicher machten. Eine US-Fernsehserie, gespickt mit schwarzem Humor, in welcher ein Chemielehrer eine Krebsdiagnose erhält und für die Zahlung der Behandlungskosten und die Sicherung seiner Familie beginnt, synthetische Drogen herzustellen. Er rutscht immer weiter ab in die Kriminalität und verstrickt sich und seine Umgebung immer mehr in seine Machenschaften. Vor allem die erste Staffel bot einige Parallelen zu meiner Situation (Krebsdiagnose, Therapie, Nebenwirkungen, etc.) und helfen, über das eine oder andere zwischendurch zu lachen. Sehr sehenswert für alle, die es etwas deftig mögen und schwarzen Humor lieben.

Voilà, es tat gut, mir die heutigen Zeilen von der Seele zu schreiben. Jetzt geht es mir schon etwas besser und ich bin zuversichtlich, dass der morgige (bzw. inzwischen heutige) Tag doch wieder erträglicher wird.