7. Chemo – Tag 7 – beim Kardiologen: ↓

Die harten Tage des Zyklus dauern an, trotz vielen Medikamenten spüre ich Schmerzen und unzählige Nebenwirkungen (Magenbeschwerden, Übelkeit, Gefühlsverlust an Fingern und Zehen, Schweissausbrüche, Erschöpfung, trockener Mund, Geschmacksverlust, Rückenschmerzen, u.v.m). Trotzdem, einfach weitergehen und nicht zurückschauen.

Heute musste ich zur Kontrolle zum Kardiologen (Herzspezialist) im Zieglerspital. Dieser Termin wurde mir bereits beim letzten Besuch beim Onkologen vereinbart und ist eine Routinekontrolle bei einer Chemotherapie. Vor alle früher kam es immer wieder vor, dass durch die Medikamente der Krebstherapie der Herzmuskel vergrössert wurde, was oft zu gefährlichen Nebenwirkungen führte. Glücklicherweise zeigte der Ultraschall heute aber keine Anormalität und ich konnte nach 10 Minuten schon wieder nach Hause. Gemäss dem zuständigen Arzt seien die Probleme heutzutage mit den neuen Medikamenten in der Chemotherapie nur noch äusserst selten.

Glücklich auf die erste durchwegs positive Diagnose seit langer Zeit fuhr ich wieder nach Hause und legte mich wieder hin.

7. Chemo – Tag 1 – … und täglich grüsst das Murmeltier: →

Bild3Heute bei der 7. Chemotherapie erinnerte ich mich an die amerikanische Liebeskomödie aus dem Jahr 1993 „… und täglich grüsst das Murmeltier“ (Original: „Groundhog Day“) mit Bill Murray und Andie McDowell. Ein TV-Wetterfrosch erlebt in einem kleinen Städtchen immer wieder den gleichen Tag, egal was er unternimmt, er wacht am gleichen Tag um 6 Uhr wieder auf.

Ungefähr so ergeht es mir mit den Chemotherapie-Zyklen, nur dauern diese 3 Wochen und nicht einen Tag. Der ganze Mist beginnt immer wieder von vorne. Auch wenn die grosse Hoffnung besteht, dass dies der zweitletzte Zyklus ist, so möchte ich nichts lieber als diesen scheinbar ewigen Kreis durchbrechen und in einen „normalen“ Alltag zurück. Genau wie die Filmfigur Phil Connors.

Die Therapie von heute morgen dauerte wieder über 4 Stunden, eine Infusion gefolgt von der nächsten. Das Personal des Onkologen teilte mir heute motivierend mit, dass ich aufgrund meines Körpergewichtes und des zweiten Ausbruchs des Krebses jeweils eine „Hammer-Dosis“ an Chemikalien erhielte. Deshalb wohl auch die scheinbar ungewöhnlich starken Nebenwirkungen. Selbstverständlich klappte auch diesmal die Blutentnahme am Port-à-Cath nicht und ein zusätzlicher Zugang am Handrücken war notwendig. Glücklicherweise klappte diesmal der erste Versuch vom erfahrenden Personal des Onkologen. Weil ich letzte Nacht nur ca. 3 Stunden geschlafen hatte, döste ich bei der Behandlung immer wieder weg und schlief schliesslich sicherlich über 2 Stunden während der Therapie.

Der Nachmittag und Abend war geteilt zwischen ersten Wellen von Nebenwirkungen und recht guten Momenten. Die nächsten Tage werden wohl wieder ziemlich hart. Ich tröste mich aber damit, dass ich jeden dieser Tage danach nur noch einmal erleben muss.

6. Chemo – Tag 12 – vom Bienensterben: →

Im Moment herrscht wieder die Übergangsphase von starken Nebenwirkungen zu Wellen von Nebenwirkungen, welche immer längere Ruhephasen ablösen. Zwar nehme ich noch immer fast das ganze Pensum von Dafalgan-Schmerzmitteln, aber die Ruhephasen bringen sehr viel mentale Energie zurück. Ich kann wieder stundenweise arbeiten und finde auch wieder mehr Kraft für die Familie.

Heute möchte ich aber nicht nur von meiner Krankheit berichten, sondern von einer sehr eindrücklichen Dokumentation, welche ich heute auf Arte gesehen habe: „Das Geheimnis des Bienensterbens“ (Link führt auf Youtube), ein 90-minütiger Film über mögliche Gründe für das Sterben so vieler Bienenvölker weltweit. Ein Drittel unserer Nahrung hängt unmittelbar von der Biene ab und wir sind daran, auch diese Lebensgrundlage wegen Profitgier und dem immer niedrigeren Respekt vor der Natur zu zerstören. In einem Tal in Kalifornien werden 80% der weltweiten Mandelnüsse produziert. 40’000 Mandelbäume, welche jeden Frühling 36 Mia. Bienen benötigen (die grösste Tiermigration der Welt), welche für wenige Wochen in diese Monokultur gekarrt, Pestiziden ausgesetzt und danach wieder in der ganzen USA verteil werden. Oder der unverständliche Umgang mit Pestiziden weltweit, wie Konzerne neue Mittel ausbringen ohne zu wissen, was diese langfristig für Auswirkungen auf Flora und Fauna haben. Nehmt Euch die Zeit und schaut Euch den Film unbedingt an. Vielleicht hilft er beim nächsten Einkauf, wieder mehr regional, saisonal und nachhaltig einzukaufen.

In einem interessanten Bericht Am Lebensmittel sparen? von Hermann M. Dür habe ich gelesen, dass wir heute (Daten von 2008) nur noch 7.4% unseres Haushaltsbudgets für Nahrungsmittel ausgeben, 1960 lag dieser Anteil in der Schweiz bei 30%, in anderen Ländern noch heute bei 90%. Wir müssen endlich wieder bereit sein, faire Preise für gute Lebensmittel zu bezahlen, welche nachhaltig so produziert werden, dass auch noch unsere Enkel vom gleichen Stück Land denselben Ertrag erleben können.

6. Chemo – Tag 2 – der Hammermann: →

Der Hammermann ist ein Ausdruck aus dem Marathon, wo bei ungefähr Kilometer 35 ein Einbruch der Kräfte stattfindet. Obwohl ich noch nie einen Marthon gelaufen bin und sicher auch nie einen in Angriff nehmen werde (ich war früher eher der Sprinter- als der Ausdauertyp), kämpfe ich im Moment in meinem Behandlungsmarathon mit dem Hammermann.

Nachdem mein Termin für die Chemotherapie von Dienstag auf Donnerstag verschoben wurde, fand gestern die 6. Chemotherapie statt, diesmal wieder in der Praxis des Onkologen. Ich hatte noch nie ein Widerstreben zur erneuten Behandlung wie dieses Mal. Zu wissen, was die nächsten Tage wieder auf mich zu kommt, das Unwohlsein, die Übelkeit, die Energielosigkeit, die Glieder- und Muskelschmerzen, ich hatte einfach überhaupt keine Lust mehr dazu. Trotzdem musste ich mir einreden, dass es wohl 10 Gründe gibt, nicht mehr hinzugehen, jedoch über 1000 Gründe, es doch zu tun.

Zum Glück verlief die Chemotherapie selber aber völlig problemlos und ich konnte um 12 Uhr 30 nach 4½ Stunden wieder nach Hause. Bis jetzt, 26 Stunden nach Ende der Behandlung, halten sie die Nebenwirkungen zum Glück in Grenzen. Die Mediamente wirken recht gut und vor allem die Übelkeit ist geringer als bei früheren Zyklen. Hoffentlich bleibt es so.