Heute spüre ich zum ersten Mal, wie die Schlacht in meinem Körper tobt. Begonnen hat es gestern Abend, als ich eine grosse Wärme um den vermuteten Tumor in der Brust ausmachte. Nach einem guten 8-Stunden-Schlaf erwachte ich heute morgen mit Zahnhals-Schmerzen, Gliederschmerzen und einem allgemeinen Unwohlsein. Wie sie mir bereits im Spital mitteilten, ist es ein gutes Zeichen, wenn der Körper reagiert. Es zeigt mir, dass die Chemotherapie wirkt und die bösartigen Zellen bekämpft werden. Trotzdem bin ich sehr froh, dass ich heute keinen Termin habe und reduziert zu Hause arbeiten kann.
1. Chemo – Tag 2: ↑
Der erste Tag nach der ersten Chemo verlief ebenfalls viel besser als erwartet. Von den erwarteten Nebenwirkungen spürte ich nur teilweise eine sehr grosse Müdigkeit. Dies obwohl ich die beste Nacht seit Wochen hatte – 8 Stunden Schlaf non-stop. An Medis nahm ich nur die vorgeschriebenen Cortison-Tabletten zu mir und ein Mittel für die Blase, welche ich eigentlich schon gestern um 23.30 Uhr einnehmen sollte. Irgendwie musste ich den Wecker im Halbschlaf abgestellt haben ohne die Tabletten zu nehmen, ich kann mich nicht mehr erinnern. So wurde es 6.15 Uhr. Ich hoffe, dass dies keine Probleme bringt, jedenfalls klappt alles bestens und ich habe keine Blasenbeschwerden.
Heute Abend wagte ich den ersten Sitzungstermin, Vorstandssitzung der Grünliberalen des Kantons Bern. 1½ Stunden verliefen problemlos, dann spürte ich leichte Schwindelgefühle und taube Lippen. Zum Glück war die Sitzung kurz darauf bereits zu Ende und ich kehrte nach Hause zurück ohne weitere Beschwerden. Inzwischen gehts es mir wieder prima. Aus diesem Grund heute ganz klar ein ↑ für einen guten bis sehr guten Tag!
Wieder zuhause
So schnell kann’s gehen. Ich bin doch tatsächlich um 19 Uhr wieder zuhause und fühle mich einfach grossartig – ganz ehrlich. Wahrscheinlich liegt es an der Dosis Cortison aber ich könnte Bäume ausreissen und bin überglücklich, dass die Chemo so gut verlief. Jetzt bin ich gespannt wie die kommenden Tage werden, sicherlich wird es gute und weniger gute geben. Grundsätzlich bin ich aber nur glücklich über den heutigen Tag und dass die Schlacht in meinem Körper gegen die Krebszellen endlich stattfindet.
1. Chemo – Live aus dem Spital
16:29 Uhr
Liebe Blogleserinnen und Blogleser
Heute kann ich glücklicherweise live vom Spital berichten. Seit 5 1/2 Stunden liege ich am Tropf. Zuerst kurz ein Mittel gegen allergische Reaktionen und seit inzwischen 5 Stunden die heikle Immuntherapie. Heikel deshalb weil hier oftmals Probleme auftauchen (Schüttelfrost und Fieber). Bisher klappt es sehr gut, nur minime Temperaturschwankungen (36.4 bis 37.2).
Die Immuntherapie wird insgesamt ca. 6 Std. dauern. Einerseits dank meines stattlichen 😉 Gewichtes hohen Menge (1.5 Liter intravenös über meinen Port-a-Cath), andererseits begann man sehr vorsichtig bei 50 ml/h und steigerte danach halbstündlich bis 300 ml/h.
Anschliessend erhalte ich einen Mix von Cortison und einem Mittel gegen Brechreiz. Die drei Flaschen Chemotherapie folgen anschliessend unterbrochen von einer Flasche mit Medikamenten gegen Blasen- und Nierenschäden ebenfalls intravenös.
Wie es im Moment aussieht, kann ich tatsächlich noch heute Abend wieder nach Hause. Wohl erst spät aber immerhin.
Grundsätzlich fühle ich mich sehr gut und nerve mich höchstens ab meinen Befürchtungen von gestern nacht.
Die Nacht vor der 1. Chemotherapie
Es ist 3 Uhr früh und ich bin extrem nervös. In 5 Stunden gehts ins Spital und ich werde zum ersten Mal mit heilendem Gift vollgestopft. Irgendwie seltsam aber wahr. Die Recherchen im Internet zur Chemotherapie hätte ich wohl doch besser sein lassen sollen. Die Auflistung der möglichen Nebenwirkungen sind nicht gerade ermutigend. Neben den vom Arzt erwähnten (Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Haarausfall) könnten auch Gefühlsverlust an den Fingerspitzen, Beeinträchtigungen der Schleimhäute in Mund, Verstopfung und Veränderungen der Nägel auftreten. Auch die viel zitierte Übelkeit könnte zum Problem werden. Mein Onkologe versicherte mir aber, dass dies mit Medikamenten im Griff zu halten sei.
Ich hoffe sehr, dass ich die Chemo von morgen bestmöglichst vertrage und vielleicht doch schon am Abend wieder nach Hause kann. Eine weitere Nacht im Spital ist für mich nicht erstrebenswert, auch wenn ich da sicherlich die beste Betreuung hätte. Immerhin beginnt nun die so sehnlichst erwartete Behandlung, der Beginn zu einer hoffentlich erfolgreichen Heilung bis spätestens diesen Sommer.
Schlimm ist wie so oft die Ungewissheit. Es ist für mich heute extrem schwierig die nächsten Tage und Wochen zu planen. Es stehen Sitzungen an, wichtige Pendenzen sind abzuarbeiten und vor allem wie das Familienleben betroffen sein wird, steht momentan in den Sternen. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als einen Tag nach dem anderen anzugehen. Jedenfalls vielen Dank für das viele Verständnis, welches wir von so vielen Seiten erfahren – es tut unheimlich gut zu wissen, dass man auch ausserhalb der eigenen Familie getragen wird und mit den Gedanken bei uns ist.
Resultate der Thorakoskopie / Termin für 1. Chemotherapie
Bin soeben vom Onkologen zurückgekehrt. Wie erwartet, wurden die Resultate der Bronchoskopie bei der Thorakoskopie von letzter Woche bestätigt. Zwischen meiner Lunge und meinem Herzen liegt ein pflaumengrosses hochmalignes B-Zell Lymphom, also ein schnell wachsender Lymphdrüsenkrebs. Dieser ist mit der heutigen Medizin gut behandel- und heilbar.
Es ist aber eine aggressive Chemotherapie notwendig, unterstützt von einer Immuntherapie, welche es seit ca. 10 Jahren möglich macht, dass die Krebszellen vom eigenen Immunsystem erkannt und bekämpft werden.
Die erste von erwarteten acht Therapien wird nächsten Dienstag, 15. Januar im Zieglerspital stattfinden. Um 8.30 Uhr werde ich bei der Patientenanmeldung erwartet. Kurz darauf erhalte ich in einem Tagesbett während ca. 4 Stunden die Infusionen in meinen Port-a-Cath, zuerst die Immuntherapie anschliessend drei verschiedene Chemotherapien. Da v.a. die Immuntherapie beim ersten Mal Schüttelfrost, Fieberschübe und weitere Nebenwirkungen haben kann, muss ich wahrscheinlich bis Mittwoch im Spital bleiben. Sollten die Infusionen aber problemlos ablaufen wäre auch eine Heimkehr bereits am Dienstag abend möglich.
Je nach Blutwerten, welche ab nächster Woche wöchentlich überprüft werden, kann die nächste Therapie nach zwei oder drei Wochen stattfinden. Gesamthaft wird mit 6-8 Therapien zu rechnen sein, wobei zwischendurch ein CT Aufschluss darüber geben soll, wie der Tumor die Therapien aufnimmt. Nach jeder Therapie muss ich ungefähr eine Woche mit Nebenwirkungen rechnen (v.a. Müdigkeit und Appetitlosigkeit, ev. leichte Übelkeit). Ebenfalls werden die Kopfhaare ausfallen weil diese durch die Therapie geschwächt werden und brechen. Die Barthaare bleiben wahrscheinlich, da diese dicker sind und eine Schwächung nicht zum Bruch führt.
Vorsichtig muss ich vor allem bei Infektionen sein. Sollte mich Fieber von über 38° befallen, muss ich mich innert 12 Stunden beim Onkologen melden. Weil mein Immunsystem von der Chemotherapie geschwächt wird, könnten so Infektionen zu einem weiteren Spitalaufenthalt führen.
Nach den Erläuterungen hat mir der Onkologo noch die Nähte der verschiedenen Narben gezogen. Insgesamt sind es 7 neue Narben (zw. 1 cm bis 4 cm Länge, 3 vom Port-a-Cath, 4 von der Thorakoskopie) die meinen Oberkörper nun schmücken.
Jetzt bin ich nur froh, dass der Termin für die Therapie steht und dass die Behandlung endlich losgehen kann. Auf in den Kampf!
Post-OP-Frust-Syndrom / Kosten
Wie schnell man doch vergisst! Es war bereits meine dritte Operation mit Vollnarkose (nach geplatztem Blinddarm 1983 und dem Nabelbruch 2011) und wieder erlebe ich ein von mir erfundenes Post-OP-Frust-Syndrom, welches ich völlig vergessen hatte. Dieses stellt sich seltsamerweise 1-3 mal täglich während ca. 1-2 Stunden ein. Viele Stunden lang fühle ich mich sehr gut und plötzlich falle ich in ein Tief, begleitet mit Wundschmerzen, Unwohlsein und grosser Mündigkeit. Genau denselben Effekt hatte ich bereits 2011 und ich glaube mich zu erinnern, dass dieses Syndrom ca. 1 Woche dauerte – also noch 2-3 Tage und damit absehbar.
Das Schlafen ist im Moment noch immer das grösste Problem. Spätestens nach 3-4 Stunden erwache ich mit eingeschlafenem Arm auf der Seite des Port-a-Caths oder mit Schmerzen an der Wunde der Drainage. Wohl weil ich immer seitlich schlafe und beide Seiten von der OP her mit je 3 Narben belastet sind. Dafür gönne ich mir momentan einen Mittagsschlaf, vielleicht wäre das was zum Beibehalten – so fürs Alter.
Heute nachmittag war ich noch zur halbjährlichen Kontrolle beim Zahnarzt und liess mir einen Zahnstatus erstellen (Röntgenaufnahmen aller Zähne). Scheinbar ist dies notwendig, falls die Chemotherapie die Zähne angreifen sollte. Nur mit diesem Beweis sei die Krankenkasse bereit, allfällige Zahnarzt-Folgekosten zu übernehmen.
Wenn wir schon bei den Kosten sind: ich fragte meinen Onkologen beim letzten Treffen, was denn so eine Chemotherapie (8 x 4 Std) eigentlich kostet. Je nach Medikamentenmix und Zusammensetzung kann der Preis für eine Behandlung bei ca. CHF 5’000.- liegen. D.h. insgesamt ca. CHF 40’000.-. Wenn ich dann noch die Kosten für CT, die notwendigen Diagnosen (inkl. Operation), etc. dazurechne, wird das Total wohl schnell mal über CHF 60’000.- steigen. Da werde ich unserem Vater Staat nach der Gesundung in Form von Krankenkassenprämien und Steuern viele Jahre Abgaben leisten müssen. Immerhin habe ich vor 2011 während 15 Jahren keinen Cent bezogen und plane dies nach dem Abschluss der Nachuntersuchungen zu wiederholen.
Nächster Termin: Freitag, 12.15 Uhr beim Onkologen, wenn denn die Untersuchungen der Gewebeproben abgschlossen sind. Ich erwarte an diesem Termin den definitiven Zeitplan für die Chemotherapie und hoffe, dass ich Anfang nächster Woche endlich damit beginnen kann. Es ist ein seltsames Gefühl, seit fast genau einem Monat weiss ich, dass ich krank bin. Trotzdem konnte zur Heilung bisher nichts unternommen werden, alles drehte sich „lediglich“ um die Diagnose. Es wird Zeit, dass es diesem Schalentier endlich an den Kragen geht.
Update von 10 Uhr: grossartig, einmal jammern und schon gehts besser. Heute fast 7 Stunden am Stück geschlafen. Fühle mich wie neu geboren.
Millimeter-Schnitt und Jugendsünden
Fast hätte ich ja was vergessen. Letzten Mittwoch habe ich mir, im Beisein der Kinder, die Haare geschnitten. Da ich die Haare bei der kommenden Chemotherapie verlieren werde und ich bisher eine ziemliche Matte auf dem Kopf hatte, war es mir wichtig, dass meine Mädchen die Änderung aktiv wahrnehmen können. Vor einem Jahr, bei der Bestrahlung, verlor ich am Hinterkopf einige Büschel, was ein kleiner Schock war, diesmal will ich für mich und meine Familie vorbereitet sein. Freunde aus der Gymer-Zeit können sich vielleicht an den Ursprung der Narbe erinnern: mit ca. 20 Jahren wollte ich die Turnhalle durch die Türe verlassen, Gosteli, ein Schulkollege sass aber unter der Türe. Kein Problem, dachte ich, da spring ich einfach über ihn. Leider aber war die Türe zu wenig hoch – die Folge: Braga fuhr mich mit einer 7cm langen Kopfwunde ins Inselspital. Oder war es doch der andere Vorfall ein paar Monate später? Mit Päsi spielte ich im Turnen Tarzan. Ich stand auf einem Bock und er warf mir einen Eisenring zu. Ein beherzter Sprung an die vermeintliche Liane doch leider verpasste ich sie und ging zu Boden. Die Liane aber kehrte auf dem höchsten Punkt und traf mich anschliessend – natürlich am Hinterkopf – wieder ca. 8 cm lange Kopfwunde, wieder nähen im Inselspital. Tja, so zeigen sich Jugendsünden im Alter 😉
Im Spital III – Tag 5, vor der Abreise
Ich sitze auf dem Spitalbett, bin angezogen und meine Tasche zur Abreise gepackt. In ca. 2 Stunden kann ich das Spital verlassen und endlich wieder nach Hause. Seit gestern verspüre ich den Spitalkoller und will nur noch weg von hier. Die Thoraxdrainage verhinderte dies aber bisher. Der ca. 1 cm dicke Schlauch, der Flüssigkeit und Luft aus dem Bauchraum entfernen soll ist seit ungefähr einer Stunde weg und ich fühle mich wieder frei wie ein Vögelchen. Noch einige administrative Instruktionen und ich bin auf und davon – heim zu meinen Liebsten.
Wie immer war rückblickend alles nur halb so schlimm. Zwar hatte ich an der OP zwei kleine Komplikationen (Intubation für die künstliche Beatmung klappte lange nicht und der Anschluss des Port-a-Cath an die Vene funktionierte erst nach mehrmaligen Versuchen), ich hatte aber all die Tage nie wirklich Schmerzen. Die Operation dauerte aber 4 1/2 statt der geplanten 2 1/2 Stunden. Die Pflege hier im Tiefenauspital war hervorragend. Man fühlte sich jederzeit in den besten Händen und die Dosierung der Schmerzmedikamente war optimal.
Darstellung des Port-a-Cath, welcher über meiner rechten Brust implantiert wurde. Mit einer Spritze kann nun jederzeit und ohne Komplikationen durch die Silikonmembran Blut entnommen oder die Chemotherapie iniziert werden.
Der nächste Termin ist am Freitag beim Onkologen geplant. Bis dahin müssten die Gewebeproben untersucht sein und die notwendige Chemotherapie feststehen. Es geht vorwärts!
Im Spital II – OP-Tag
Drei Stunden nach dem Erwachen aus der Narkose geht es mir sehr gut, viel besser als erwartet. Gewebeentnahme hat gut geklappt und der Port ist implantiert. Mehr folgt in den nächsten Tagen. Medikamentös beflügelt will ich jetzt ein bisschen schlafen. (im Auftrag von Marcel die Sekretärin Christa)